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Rezension von Lars Onkelbach

In dem Buch Wie man einen Job bekommt und behält, geschrieben von Keith Calhoun-Senghor, geht es um ‚das Spiel’, welches man in der beruflichen Welt zu spielen hat. Es enthält eine Spielanleitung mit Tipps und Tricks, basierend auf den Erfahrungen, die der Autor in seinem beruflichen Leben gemacht hat.

          ‚If you’re gonna play the game, boy,
         ‘You gotta learn to play it right’. (Kenny Rogers, ‚The           Gambler’)

Dies ist ein Zitat aus einem Lied, welches meiner Meinung nach bestechend gut zu diesem Buch passt. In dem Lied geht es um einen jungen Mann, der auf einer Zugfahrt an einen alten erfahrenen Pokerspieler gerät. Der ältere Mann gibt seine Erfahrungen (gegen einen Schluck Whiskey) an den Jüngeren weiter und erklärt ihm, er müsse lernen Menschen zu lesen und darauf basierend entscheiden, ob er gerade ein gutes Blatt in den Händen hält oder nicht. Keith Calhoun-Senghor ist wie der Gambler. So wie die Weisheiten des Gamblers nicht nur beim pokern, sondern auch im richtigen Leben hilfreich sein können, so stellen auch die Calhoun-Senghor Regeln Lebensweisheiten dar. Der einzige Unterschied ist, dass er vom Leser keinen Schluck Whiskey für seine Erfahrungen verlangt.

Das Buch beginnt gemächlich mit einer Einführung in die Gedanken des Autors. Der Autor erklärt, wie ihm die Idee ein solches Buch zu schreiben gekommen ist und warum das Thema Organisationspolitik vor allem für Juristen aber auch für jeden anderen von besonderer Bedeutung ist.

Es ist wie im Krieg. Selbst wenn man die besten Waffen hat und am besten ausgerüstet ist, verliert man trotzdem, wenn man nicht weiß, wie man die Waffen einsetzen soll. Junge Menschen kommen oft mit einer Unmenge an Wissen und Ideen aus ihrem Studium, aber Ihnen fehlt die Erfahrung dieses Wissen und diese Ideen an den richtigen Stellen zum richtigen Zeitpunkt in ihrem beruflichen Umfeld einzubringen. Diese Erfahrung wird man auch nicht bekommen, indem man dieses Buch liest. Erfahrungen, aus denen man lernen kann, sammelt man nur, indem man sie selbst aktiv macht. Aber dieses Buch hilft einem dabei die Angst vor dem riesigen und unbekannten Ungeheuer der Arbeitswelt zu verlieren. Der Autor ermöglicht einem teilweise tiefe Einblicke in seine Vergangenheit, wodurch man die Möglichkeit erhält bestimmte Erfahrungen, negative wie positive, in das Gesamtbild, das große Ganze, einzuordnen. Calhoun-Senghor schreckt auch nicht davor zurück eigene Fehler und Rückschläge mit seinen Lesern zu teilen, denn gerade das sind die Momente aus denen man am meisten lernt.

Nach der angenehmen Einleitung wird man ohne Vorwarnung von 24 brutal ehrlichen Calhoun-Senghor Regeln erschlagen. Diese Regeln appellieren an den ethischen Wertekompass in jedem von uns. Bevor ich dieses Buch gelesen habe, hatte ich ehrlich gesagt ein anderes Bild von der Berufswelt. Die juristische Berufswelt wird einem meistens als Schlachtfeld beschrieben. Ein ständiger Konkurrenzkampf bei dem es nur ums Gewinnen geht und die Kontrahenten auch nicht vor unfairen bzw. rechtswidrigen Mitteln zurückschrecken. Ich sage nicht, dass ich mittlerweile von einem anderen Bild ausgehe. Es mag ganz oder teilweise zutreffen, aber die Frage, die man sich selbst früh stellen muss, ist: Wie möchte ich dieses Spiel spielen? Wenn es einem rein ums Gewinnen geht, dann mag die obige Darstellung für einem passend erscheinen. Eine weitere Möglichkeit ist so zu spielen, dass man hinterher nichts bereut und eine dritte Möglichkeit ist so zu spielen, dass man sein Handeln auch mit seinem Gewissen vereinbaren kann. Ich bevorzuge (wie es wahrscheinlich auch Mr. Calhoun-Senghor ausdrücken würde): Alle der genannten Punkte. Der Autor beantwortet diese Frage mit 24 Regeln.

Mir persönlich sind das zu viele. Ich muss gestehen, dass ich bei Regel 15 nicht mehr wusste worum es in Regel 2 ging. Aber dieses Problem wird sich geben, wenn ich mir das Buch ein zweites und ein drittes Mal durchlese. Denn man muss ebenfalls anmerken, dass keine dieser Regeln unnötig oder zu vernachlässigen ist. Nichtsdestotrotz würde ich den Versuch wagen und sie in fünf Oberbegriffen zusammenfassen:

  1. Respekt (gegenüber jedem)
  2. Fleiß (bei allem, was du tust)
  3. Selbstvertrauen (in die eigenen Fähigkeiten)
  4. Freundlichkeit (gegenüber jedem)
  5. Demut (bezüglich allem, was du erreichst)

Wenn man diese Werte beherrscht, hat man eine Grundlage mit der man jedes Problem angehen kann. Und um es nochmal mit den Worten des Autors zu sagen: Sie schaden nie und helfen fast immer.

Wie der Titel schon vermuten lässt, enthält dieses Buch auch viele praktische Tipps, die man direkt versuchen kann anzuwenden. Man braucht also keine Angst zu haben in langweiligen Organisationsstrukturen zu ertrinken. Sei es eine Meinungsäußerung mit der Floskel ‚Nun ja…’ zu beginnen, um sich Zeit zum nachdenken zu erkaufen oder wie man einen nervigen Kollegen mit Drang zum Lästern los wird. Dieses Buch erteilt Ratschläge wo es nur kann und dabei schafft es der Autor immer sich selbst auf die gleiche Ebene wie den Leser zu stellen, sodass ein gewisses Näheverhältnis gewahrt bleibt und Mr. Calhoun-Senghor dem Leser nicht wie ein ‚Big Poobah’ erscheint.

Der Schreibstil des Autors stellt einen erfrischenden Kontrast zu der sonst eher theoretischen und trockenen Thematik dar. Während es im Beruf eigentlich darum geht professionell und ernst zu wirken, lässt der Autor keine Gelegenheit aus, dem Leser ein Schmunzeln zu entlocken. Egal ob es ein bekanntes Filmzitat, eine kreative Anspielung, eine Geschichte oder ein Sandwich mit koscherer Wurst, getränkt in braunem Senf und bedeckt mit Hellmanns Mayonnaise ist, Calhoun-Senghor schafft es, seine Weisheiten anschaulich zu verpacken und für den Leser greifbar zu machen. Dabei helfen auch die minimalistischen und treffenden Illustrationen. Sie helfen, dem Leser die Furcht und Anspannung zu nehmen, die man empfindet, wenn man liest, was man alles können und worauf man alles achten muss. Man muss sich immer wieder klar machen, dass man im Begriff ist, ein Spiel zu spielen.

Im Verlauf des Buches stolpert man als Leser immer wieder über Phrasen, die einem zwangsläufig in Erinnerung bleiben. Damit meine ich nicht die Überschriften oder die Regeln an sich, die meistens sehr markante Formulierungen darstellen. Nein, ich meine kleine Sätze oder Nebensätze, die im großen Text auf den ersten Blick nicht auffallen. Wenn man sich gerade im Lesefluss befindet und plötzlich auf eine solche Formulierung stößt, muss man zwangsläufig innehalten, sie noch einmal lesen und nachdenken. Erst dann erkennt man ihre facettenreiche Bedeutung und sie bleibt einem im Gedächtnis. Ein paar Beispiele:

— ‚Erst denken, dann handeln’.

— ‚Versuchen Sie nicht beliebt zu werden, sondern respektiert zu werden”.

— ‚Leider wird Freundlichkeit zu oft mit Schwäche verwechselt’.

— ‚Sie können die Debatte gewinnen und trotzdem die Verhandlung verlieren’.

— ‚Bleiben Sie offen für verschiedene Interpretationen’.

— ‚Es gibt keine schlecthten Erfahrungen, wenn Sie aus ihnen lernen’.

— ‚Im Spiel ist nichts persönlich’.

Solche Phrasen spiegeln Erfahrungen wider, von denen man direkt lernen kann. Zumindest mir sind Sie sofort in Erinnerung geblieben.

Insgesamt kann ich sagen, dass dieses Buch zu lesen eine Bereicherung für mich war. Natürlich kann man behaupten, dass manche der Calhoun-Senghor Regeln eigentlich selbstverständlich sein sollten, aber es ist interessant und beruhigend zu hören welchen Stellenwert manche Dinge auch auf dem Schlachtfeld der Juristen noch haben. Es geht im Leben zwar meistens nur um die Fragen: Wie werde ich erfolgreicher? Wie verdiene ich mehr Geld? Was muss ich tun, um befördert zu werden? Aber Mr. Calhoun-Senghor erklärt dem Leser überzeugend, dass man selbst bei einer solchen Zielsetzung seine Menschlichkeit nicht ablegen sollte. Um Spaß am spielen des Spiels zu haben und um am Ende vielleicht behaupten zu können, dass man das Spiel durchgespielt hat, beziehungsweise es gewonnen hat, muss man sich sowohl auf seine Kollegen einlassen, als auch sich selbst treu bleiben. Das Spiel des Lebens ist keine One-Man-Show. Es ist ein Strategiespiel. Das Ziel ist es seine eigene Strategie, die zum Erfolg führt, zu entwickeln und dabei helfen einem die Erfahrungen von Gaius Julius Caesar, Alexander der Große und Keith Calhoun-Senghor.

- Lars Onkelbach

Jurastudent


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