Nach einem langjährigen Studium mit Fokus auf die Theorie kann es für viele Berufsanfänger:innen eine große Herausforderung darstellen, in die Arbeitswelt einzutreten. Gerade Studierende der Rechtswissenschaften haben in ihrem Studium Praxiserfahrungen nur während ihrer Nebenjobs oder Praktika sammeln können, die in der Regel doch zu kurz sind, um die Arbeitswelt und die internen Unternehmensstrukturen vollständig zu durchdringen. In seinem Buch „Wie man einen Job bekommt und behält – Die Grundlagen der Organisationspolitik: Die Dinge, die man in der Schule nicht lernt!“ möchte Keith Calhoun-Senghor den Übergang vom Studium ins Berufsleben erleichtern und erklärt in 24 Regeln, den „Calhoun-Senghor Regeln“, wie man diese Transition möglichst sanft und ohne größere Stolpersteine meistern kann. Zielgruppe sind neben Studierenden auch alle anderen Personen, die auf der Karriereleiter emporklettern möchten oder schlichtweg einen Karrierewechsel in Betracht ziehen. Der gebürtige US-Amerikaner mit Abschlüssen von der Stanford University und Harvard Law School vermittelt elementare Kompetenzen, die man mitbringen sollte, um am nationalen und internationalen Arbeitsmarkt Erfolg zu haben.
Das Buch ist in sechs Abschnitte unterteilt: In den ersten beiden Abschnitten erläutert der Autor, was es mit dem Begriff „Organisationspolitik“ überhaupt auf sich hat, der von dem englischen Terminus „organizational politics“ hergeleitet wird und sich zunächst nicht unmittelbar ins Deutsche übertragen lässt. Die Bedeutung des Ausdrucks ist für das Verständnis des Buches von zentraler Bedeutung, weshalb an dieser Stelle kurz darauf eingegangen werden soll. „Organisationspolitik“ beschreibt „Macht im Zusammenhang mit einer Organisation oder Gruppe“ (Seite 23) und umfasst die dort bestehenden Strukturen und Regeln, die man beherrschen muss, um in jenem Umfeld erfolgreich zu sein. Das gesamte Buch zielt darauf ab, die Leserschaft zu trainieren, diese internen Strukturen innerhalb eines Arbeitsumfeldes zu erkennen, zu durchdringen und sie sich anschließend selbst zum Vorteil der eigenen Karriere zunutze zu machen.
Im dritten und vierten Abschnitt werden die oben genannten 24 Regeln näher erläutert. Manche Grundsätze erscheinen auf den ersten Blick eher trivial und altbekannt, doch Calhoun-Senghor erläutert aus eigener Erfahrung, warum deren Regelungsgehalt im Berufsleben nach wie vor von großer Bedeutung ist, denn „Talent alleine reicht nicht aus“ (Seite 20). Anhand von zahlreichen Anekdoten aus dem Berufsleben des Autors und spielerischen Illustrationen wird deren Regelungsgehalt humorvoll transferiert. Einige der Regeln lassen sich durchaus schon während des Studiums erproben, wie beispielsweise die Suche von Mentor:innen oder der richtige Umgang mit Kritik.
Der fünfte Abschnitt befasst sich mit ausgewählten Sonderthemen, analysiert u. a. die Herangehensweise an die Jobsuche und vermittelt wichtige Grundlagen über die „Do’s and Don’ts“ in einem Vorstellungsgespräch. Ferner wird im Unterkapitel „Wie man gefeuert wird“ beleuchtet, wie man sich im Falle einer Kündigung verhalten sollte, um den bisherigen Arbeitsplatz möglichst würdevoll zu verlassen und neue Karrieremöglichkeiten zu ergreifen. Auch das besonders für Jurist:innen wichtige Thema des Verhandlungsmanagements wird mithilfe von verschiedenen Techniken untersucht, die man ganz einfach im Alltag testen kann.
Im letzten Teil stellt Calhoun-Senghor weitere Regelungen auf, die sich konkret auf die Arbeit im öffentlichen Dienst beziehen und gibt auch dort konkrete Tipps zur Umsetzung an die Hand.
Ausgestattet mit exemplarischen Lebensläufen in deutscher und englischer Sprache, einer Anleitung für einen Elevator Pitch sowie einer Liste mit ausgewähltem Vokabular für Lebensläufe und Anschreiben auf Englisch bildet das Buch einen nützlichen Ratgeber, wenn man sich verzweifelt vor einem Bewerbungsschreiben wiederfindet und nicht weiß, wie man überhaupt anfangen soll.
Insgesamt sind die „Calhoun-Senghor Regeln“ sehr hilfreich und humorvoll übermittelt und nehmen ein wenig die Angst vor dem Einstieg in die Berufswelt. Das Buch ist so konzipiert, dass man schnell und einfach zu einem konkreten Problem einen Ratschlag finden kann. Aufgrund der teils sehr bewegenden persönlichen Geschichten und Erfahrungen des Autors lässt sich dieser Ratgeber leicht lesen und wird keinesfalls zu einer weiteren trockenen Lektüre, die Erfolg auf Knopfdruck verspricht und letztendlich im Bücherregal verstaubt. Vielmehr zeigt das Buch, dass es für alle Probleme einen Lösungsansatz gibt und sorgt dabei des Öfteren für ein Schmunzeln. Der Autor begegnet seiner Leserschaft auf Augenhöhe, nimmt sie an die Hand und zeigt ihr, wie ein jeder das beste aus der eigenen Karriere herausholen kann. Calhoun-Senghor motiviert dazu, die Karriereleiter zu erklimmen und nimmt zugleich die Angst vor Rückschlägen. Ich kann das Buch allen empfehlen, bei denen erste Praktika und Nebenjobs anstehen oder die das erste Examen auch schon in der Tasche haben. Die aufgeführten Regeln lassen sich auf das Arbeiten in Kanzleien, Behörden, Unternehmen und sämtlichen weiteren Organisationen übertragen.